Vertretung ohne Vertretungsmacht
- Vertretung ohne Vertretungsmacht
Vertretung ohne Vertretungsmacht,
das Fehlen oder Überschreiten der Vertretungsmacht (
Stellvertretung). Ein von einem
Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossener
Vertrag ist
schwebend unwirksam, d. h., er bedarf der
Genehmigung durch den Vertretenen. Bis zur Genehmigung ist
der andere Teil zum
Widerruf berechtigt, sofern er den Mangel der Vertretungsmacht nicht bei Vertragsschluss gekannt hat. Der Vertreter ohne Vertretungsmacht (
Falsus Procurator) haftet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert, dem anderen Teil nach dessen Wahl auf
Erfüllung, soweit er hierzu in der Lage ist, oder auf (vollen)
Schadensersatz wegen
Nichterfüllung (§ 179 Absatz 1 BGB). Hat der Vertreter ohne Vertretungsmacht den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, ist er nur zum Ersatz des Vertrauensschadens (
Schadensersatz) verpflichtet (§ 179 Absatz 2 BGB). Die
Haftung entfällt ganz, wenn der Geschäftspartner den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste oder wenn der Vertreter in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt war und ohne
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat (§ 179 Absatz 3 BGB). Im Fall des bewussten Zusammenarbeitens des Vertreters mit dem vertragsschließenden Dritten zum Schaden des Vertretenen (
Kollusion) ist das
Rechtsgeschäft wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig (§ 138 BGB).
In
Österreich ist die Vertretung ohne Vertretungsmacht in §§ 1009, 1016 ABGB ähnlich geregelt; dazu kommt im
Handelsrecht der dem § 179 BGB nachgebildete Art. 8 Nummer 11 Vierte Einführungs-VO zum HGB. Nach
schweizerischem Recht wird die Gegenpartei erst nach fruchtlosem Ablauf einer dem Vertretenen zur Genehmigung angesetzten Frist frei (Art. 38 OR). Die Haftung des Falsus
Procurator ist in Art. 39 OR differenzierter geregelt.
Universal-Lexikon.
2012.
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